Allgemein, Germanisitische Linguistik, Graphemik, Phonologie, Silbenphonologie

Einsilbige Wörter mit möglichst vielen Buchstaben

Ich liebe ja die Facebook-Gruppe Da kotzt das Texterherz. Die ist zwar nicht für Linguisten gedacht, man findet dort aber dennoch immer Inspiration. Außerdem liebe ich Spielchen à la „Wer kennt das einsilbige Wort mit den meisten Buchstaben, das im deutschen Duden steht?“ Genau das war die Frage, die eine Userin in dieser Gruppe stellte. Die Vorschläge, die u.a. gemacht wurden, waren <Plausch> (7 Buchstaben) oder <Schwulst> und <Schmarrn> (8 Buchstaben). Die Frage ließ, ganz ehrlich, mein Linguisten-Herz hüpfen. Solche Fragen lassen sich nämlich mit ein bisschen Hintergrundwissen aus Graphematik und Phonologie theoretisch angehen. Betrachten wir dazu zunächst den Aufbau der deutschen Silbe:

(C)(C)(C)V(C)(C)(C)(C)

Das ist natürlich nur der theoretische Aufbau. Es können nicht alle C-Positionen besetzt werden. Für den Silben-Onset gibt es nur drei Möglichkeiten, bei welchen alle drei Positionen besetzt sind: /ʃpl/, /ʃpr/ und /ʃtr/. Da unsere Schrift hier versucht allzu komplexe Anfangsränder zu vermeiden, schreiben wir in solchen Wörtern leider kein <sch> (einer berühmten Argumentation Peter Eisenbergs folgend). Das ist für unser Spiel natürlich nicht von Vorteil. Also suchen wir nach Belegungen mit zwei Konsonanten im Onset, von welchen einer möglichst mit dem Tripgraphen <sch> wiedergegeben wird. <Schmarrn> war also schon sehr gut.

<Schmarrn> war aber auch in einer anderen Hinsicht sehr gut gewählt! Um möglichst viele Buchstaben zu bekommen, macht es nämlich Sinn, entweder die V-Position mit einem Diphthong zu besetzten (um zwei Buchstaben zu erhalten) oder mit einem kurzen Vokal, der durch eine Konsonantenbuchstabenverdopplung angezeigt wird – eben wie bei <Schmarrn>.

Wenn wir nach Einsilbern suchen, ist es außerdem eine gute Idee, eine flektierte Form zu wählen. Wir kennen das von Überlegungen, die sich mit der Frage nach dem Wort mit den meisten Konsonantenbuchstaben beschäftigen. Bessern als <Herbst> ist nämlich (des) <Herbsts>. Ein Beispiel für ein solches einsilbiges Wort ist <schleimst> („Schleimst du dich wieder beim Chef ein?“). Jetzt haben wir schon 9 Buchstaben. Es geht aber noch mehr. Wir müssten ein Wort wie <schlauchst> oder <schmauchst> finden. Da fallen mir aber kaum Sätze zu ein. Gehen würde dagegen <schleichst>. 10!

Allerdings wurde ja nach Wörtern gefragt, die im Duden stehen. Flektierte Formen stehen natürlich nicht im Duden. Bleibt uns nur noch das Ausweichen auf Fremdwörter: <Borschtsch>. Und wenn wir dann doch flektierte Formen zulassen: (des) <Bortschtschs>!