Gebärdensprache, Gestik

Sprachbegleitende Gesten: Kendon (1993)

Adam Kendon, der wohl bekannteste Gestenforscher der Welt, unterteilt in seiner vergleichenden Studie von 1993 Gesten in drei Gruppen, die er gesticulations, emblems und signs nennt.

Gesticulations:
Diese Form der sprachbegleitenden Gesten werden mit Teilen des Gesichts (Mund, Augebrauen, etc.) oder mit den Händen ausgeführt. Sie können nicht in kleinere Einheiten zerlegt werden und übermitteln über den sprachlichen Inhalt einer Äußerung hinaus Informationen. Da sie stark bildhaft und situationsgebunden sind, können sie schlecht „zitiert“ werden.

Emblems:
Emblems (Kendon spricht auch von quotable gestures) sind weitaus weniger an einen bestimmten Kontext gebunden, sie sind konventionalisierte, wortähnliche Gesten, die von einer Gemeinschaft genutzt werden und ganze Sprechakte ersetzen können.

Signs:
Von wirklichen Zeichen (signs) spricht Kendon dann, wenn unter bestimmten Umständen (Gehörlosigkeit, religiöse Gründe, u.a.) Gesten bzw. ein System von Gesten anstelle von gesprochener Sprache verwendet werden. Dabei stehen in einem dreistufigen Prozess zunächst bildhafte Gesten für einen speziellen Referenten und werden dann wiederholt verwendet um schließlich Bezug auf ein gesamtes Konzept zu nehmen (1). Aus sprachökonomischen Gründen werden diese ikonischen Gesten so vereinfacht, dass ihr bildhafter Charakter verloren geht (2). Im letzten Schritt bekommt die Geste eine so eigenständige Bedeutung, dass sie mit anderen Gesten kombiniert werden kann und mit ihnen neue Wörter oder Sätze gebildet werden können (3).

Natürlich muss beachtet werden, dass es sich um eine Vereinfachung und eine Abstraktion handelt. Dennoch kann diese Unterscheidung als Arbeitsgrundlage zur Untersuchung von Gestik oder in der Gebärdensprachenforschung dienen.

Kenden, A. (1993): Human Gesture. In: Gibson, K. R. & Ingold, T. (Hrsg.): Tools, Language and Cognition in Human Evolution. Cambridge: Cambridge University Press. S. 43-62